26. Oktober 2022

2 Kommentare

Nahrungsergänzungsmittel – Nutzen oder Risiko?

By Susanne Lindenthal

Oktober 26, 2022

Nährstoffe

Ein paar Vitamine zusätzlich können doch nicht schaden, oder? Nimmst Du auch regelmäßig Nahrungsergänzungsmittel? Oder ersetzt Du gar komplette Mahlzeiten damit? Welchen Nutzen haben Nahrungsergänzungsmittel und gibt es da auch ein Risiko dabei? Genau um diese Fragen geht es in diesem Artikel, den ich bereits 2017 geschrieben habe, der aber nichts von seiner Aktualität eingebüßt hat. Nichts desto trotz habe ich ihn mit neuesten Erkenntnissen aus der Wissenschaft aufgefrischt. 

Schnelles Zusatzeinkommen auf Kosten der Gesundheit?!

Fast einmal wöchentlich erreicht mich ein Mail, ein Anruf oder eine Nachricht von einem Fremden oder auch von einem langjährigen Bekannten, den ich schon ewig nicht mehr gesehen habe mit der Aussage: "Du, ich hab da was Spannendes für Dich, das passt super zu Deinem Business und Du kannst ganz leicht sehr viel Geld verdienen". 

Ein verlockendes Angebot in Zeiten, in denen alles teurer wird und wir nicht wissen was die Zukunft bringt? Und solche Angebote bekomme nicht nur ich als Ernährungsexpertin. Solche Angebote kennst Du vielleicht selbst auch aus Deinem Umfeld. Nur heißt es dann einfach nur: "Du kannst super easy ganz nebenbei Dir ein mehrstelliges Nebeneinkommen aufbauen. Du brauchst nur ein paar Leute, die die Produkte für den Eigenbedarf kaufen und schon verdienst Du mit."

Direktvertrieb im Gesundheitssektor

Direktvertrieb und Multi-Level-Marketing nennt man diese Form des Handels. Und das ist per se nichts Böses. Verstehe mich da bitte nicht falsch. Ich habe damit überhaupt kein Problem, denn oftmals sind das wirklich hochwertige Produkte, die über diesen Vertriebsweg an den Endkunden gelangen. 

Wobei es mir allerdings sämtliche Nackenhaare aufstellt, ist die Tatsache, dass damit auch Produkte gehandelt werden, die wirklich einer individuellen Beratung bedürfen. Nämlich, wenn es sich um Produkte handelt, die den Gesundheitsbereich betreffen. Nahrungsergänzungsmittel zählen zu diesem Bereich. 

Eigenverantwortung des Endkunden oder einfach nur gute Verkaufstechnik?

Jetzt könntest Du natürlich sagen, dass das in der Eigenverantwortung des Endkunden liegt, ob Nahrungsergänzungsmittel konsumiert werden oder nicht. Und ja, damit hast Du natürlich völlig Recht. Das solltest Du natürlich selbst entscheiden, ob Du Nahrungsergänzungsmittel konsumierst. Die Basis für die Entscheidung ist allerdings oft die vermeintliche Beratung, die mit dem Verkauf einhergeht. Und da stellt sich mir schon die Frage, ob diese wirklich immer zum Nutzen des Kunden erfolgt, oder vielleicht doch eher zu Gunsten des Verkaufserfolges?

Unternehmen, die den Vertriebsweg über den Direktvertrieb gewählt haben, haben häufig entsprechende Verkaufsschulungen für Ihre meist auf selbstständiger Basis arbeitenden und nicht im Fach ausgebildeten Vertriebsleute. Verkauf ist auch nur Technik, etwas, was jeder, der will, auch lernen kann.

Du brauchst nur die richtigen Fragen zu stellen und schon wird ein Bedürfnis beim Endkunden erzeugt, dass dieser glaubt, ohne Nahrungsergänzungsmittel nicht mehr auskommen zu können.

Nahrungsergänzungen-Wochenplan mit Pillen

Vertraue nur Studien, die Du selbst selbst gefälscht hast

Ich bemühe hier an dieser Stelle gerne eine Abwandlung von Winston Churchills Zitat: "Ich vertraue nur Statistiken, die ich selbst gefälscht habe!". 

Den Vertrieblern werden von den Unternehmen häufig Studien zur Verfügung gestellt, die genau diese Argumentationsketten untermauern. Damit braucht es dann kaum noch Überzeugungsarbeit, denn der Endkunde sieht es quasi schwarz auf weiß, dass unsere Lebensmittel einfach nicht ausreichend sind, um uns zu ernähren. Doch stimmt das überhaupt?

Viele dieser Studien sind aufgrund ihres Designs oder ihrer Auftraggeber kritisch zu sehen und deren Aussagen sind umstritten. Vieles kann wissenschaftlich nicht durch weitere Studien belegt werden. Daher solltest Du immer genau schauen, welche Studie als Beleg dafür genommen wird, ob ein Nahrungsergänzungsmittel notwendig ist, oder eben nicht. 

Dabei helfen Dir folgende Fragen: 

  • Wurde die Studie von einem unabhängigen Institut durchgeführt?
  • Wer ist der Auftraggeber der Studie? 
  • Wie glaubwürdig ist der Autor der Studie?
  • Wie ist die Studie aufgebaut, wie ist das Studiendesign? Ist es ein Einzelfall, eine kontrollierte, doppelt verblindete Studie (sehr hoher Standard, RCT = randomized controlled trial) oder eine sogenannte Meta-Analyse, also eine Überblicksstudie über mehrere Arbeiten. 
  • Wo ist die Studie publiziert worden? 

Das ist natürlich ein Aufwand, eine Studie dahingehend zu prüfen, daher ist es oft für den Einzelnen schwierig, sich das im Detail anzuschauen. Dennoch solltest Du solche Aussagen oder Studien einfach mal kritisch hinterfragen. 

Herkömmliche Werbung und Influencer tun das ihrige dazu

Wenn man den Medien und so manchem Influencer Glauben schenkt und die Werbung für Nahrungsergänzungen verfolgt, dann sind so manche Pillen und Pulverchen wahre Wundermittel.

So seien diese in der Lage nicht nur vor schweren Erkrankungen wie Krebs oder ähnlichem zu schützen, sondern auch Übergewicht verpuffen zu lassen, wie Luft aus einem geplatzten Reifen. Auch Syndrome wie Burnout, Erschöpfungszustände und Müdigkeit lassen sich so ganz einfach besiegen. Nur durch die Einnahme dieser Mittelchen.

So höre ich das auch immer wieder aus dem Bekanntenkreis, dass alle Wehwehchen wie durch Zauberhand verschwunden seien und aus dem Burnout sei man beispielsweise auch gleich wieder heraus gekommen.

Apropos spannende Infos zum Thema Ernährung. Du willst keinen meiner Artikel mehr versäumen, dann abonniere doch gleich meine essenspost! 

Neben Infos zu ernährungsrelevanten Themen, erhältst Du auch Rezepte, Infos zu Veranstaltungen und Angeboten von mir. Die essenspost erscheint meist einmal wöchentlich, außer in Zeiten, in denen ich besondere Angebote habe. Da bekommst Du öfter Post von mir. 

Fülle einfach dieses Formular aus. Dein Vorname ist eine freiwillige Angabe und wird nur zum Personalisieren der E-Mails verwendet. Nach dem Abschicken erhältst Du ein Mail mit einem Bestätigungslink. Sobald Du Deine Mailadresse mit Klick auf diesen Link bestätigt hast, bekommst du regelmäßig meine News. Du kannst Dich in jeder E-Mail wieder abmelden. Als Newsletter-Tool wird ActiveCampaign verwendet. Mehr dazu, was mit Deinen Daten passiert, kannst Du in der Datenschutzerklärung nachlesen.

Reichen unsere Nahrungsmittel aus, um uns zu ernähren?

Um das gleich klarzustellen, ich bin weder Gegner noch Befürworter von Nahrungsergänzungsmitteln, denn ich habe hier einen sehr pragmatischen Zugang. Liegt ein Mangel vor, der mit natürlichen Nahrungsmitteln nicht zu beheben ist, dann macht es natürlich Sinn zu substituieren.

Liegt jedoch kein Mangel vor und ernährst Du Dich ausgewogen und vielfältig, dann reichen unsere Nahrungsmittel völlig aus für eine gesunde und mangelfreie Ernährung. Dann braucht es keine Nahrungsergänzungsmittel, und seien diese qualitativ noch so hochwertig.

Wie der Name schon sagt: es sind Nahrungs-ERGÄNZUNGEN. Das heißt, sie können maximal unsere Nahrung ergänzen, sie aber nicht ersetzen. Du kommst an einer ausgewogenen Ernährung nicht vorbei, auch wenn Du noch so viele Pulverchen schluckst. 

Der Markt an Nahrungsergänzungen ist grenzenlos

Obwohl diese Tatsache vielen auch klar ist, steigt der Markt an Nahrungsergänzungsmittel zunehmen weiter an. Und sehr häufig höre ich das Argument, dass in unseren heute erhältlichen Lebensmitteln eh schon nichts mehr drinnen ist an Nährstoffen. Vielfach wird argumentiert, dass die Böden bereits so nährstoffarm seien und daher unsere Nahrungsmittel so gut wie keine Nährstoffe mehr enthielten.

Bei solchen Aussagen sollte man misstrauisch werden! Diese Behauptungen halten einer wissenschaftlichen Überprüfung nicht stand. Im Gegenteil, der Nährstoffgehalt der Ackerböden wird von Experten vielfach sogar höher eingestuft im Vergleich zu früher.

Auch tierische Lebensmittel enthalten heute eher mehr Vitamine und Mineralstoffe als früher, da das Futter für die Tiere genauen Überprüfungen standhalten muss und diesem kontrollierte Mengen an Vitaminen und Mineralstoffen beigemengt werden. 

Nahrungsergänzungen individualisiert angepasst, ist das möglich?

Wie Schwammerl schießen Anbieter der personalisierten Ernährung aus dem Boden. Das Ziel ist ein ganz individuell zusammengestellter Vitamin- und Nährstoffcocktail, um nachhaltig gut versorgt zu sein. Das klingt natürlich sehr verlockend.

Die Basis ist meist eine DNA-Analyse, die der Kunde selbst zuhause durchführen kann, die Probe einschickt und danach eine entsprechende Auswertung bekommt. Oftmals sind konkrete Ernährungs- und Bewegungsempfehlungen enthalten und zusätzlich die Möglichkeit, entsprechende Nahrungsergänzungsmittel zu beziehen, die eine optimale Versorgung gewährleisten sollen. 

Geworben wird mit Schlagworten wie: gesunde Ernährung, optimale Nährstoffversorgung, personalisierter Lebensstil, individuelle Bedürfnisse und natürlich auch mit nachhaltiger Gewichtsreduktion ohne Verzicht oder einseitiger Diät, personalisierte All-in-one Nahrungsergänzung usw.

Der Stand der Wissenschaft zu personalisierter Ernährung

Unabhängig davon, dass sich die Wissenschaft mittlerweile darüber einig ist, dass eine individuelle Betrachtung des Menschen, auch in Bezug auf die Ernährung wichtig und zukunftsweisend ist, sind wir noch nicht so weit, auf Basis einer genetischen Analyse der DNA eine Aussage über die genaue Zusammensetzung der Ernährung treffen zu können. Das ist schlichtweg mit heutigem Stand der Wissenschaft nicht möglich. 

Immerhin sind 99,8 % des Genoms beim Menschen identisch, wir sind zwar doch sehr unterschiedlich, dennoch auf genetischer Ebene sehr gleich.

Befragt man Wissenschafter aus dem Bereich der personalisierten Ernährung, bekommt man als Antwort, dass hier

  • nicht nur das Genom (= das Erbgut eines Lebenwesens),
  • sondern auch das Metabolom (= Stoffwechseleigenschaften einer Zelle)
  • und das Proteom (= Gesamtheit aller Proteine) eine Rolle spielt.

Diese Differenzierung sei enorm wichtig. Außerdem ist eine vollständige Entschlüsselung schier unmöglich. Das Genom alleine sagt nur aus, welche Vorgänge in der Zelle potentiell möglich sind. Welche Stoffwechselprozesse tatsächlich ablaufen und welche Stoffwechselprodukte, insbesondere Proteine, daraus entstehen, da steht die Forschung noch ziemlich am Anfang. 

Was sind Nahrungsergänzungen per Definition?

Nahrungsergänzungsmittel sind Nährstoffe, also Vitamine, Mineralstoffe, Spurenelemente, Ballaststoffe oder andere Mikro- oder Makronährstoffe, die häufig in konzentrierter Form, in Form von Tabletten, Kapseln oder Pulver erhältlich sind. Rechtlich zählen sie zu den Lebensmitteln. Ob sie bei uns in den Verkehr gebracht werden dürfen, und damit vertrieben werden dürfen, darüber entscheidet die AGES, Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH.

Per Definition sind Nahrungsergänzungsmittel Lebensmittel, die zur Ergänzung der normalen Ernährung dienen, eine gesunde und ausgewogene Ernährung aber nicht ersetzen. 

Ernährungsmängel, die durch eine ungesunde oder einseitige Ernährung entstehen, können daher auch nicht durch Nahrungsergänzungsmittel ausgeglichen werden. Da es sich dabei um Lebensmittel handelt, dürfen solche Produkte weder Nebenwirkungen haben, noch mit Heilwirkungen Werbung machen.

Nahrungsergänzungsmittel versus Lebensmittel

Wo beginnt und endet der Nutzen von Nahrungsergänzungen?

Um diese Fragen zu klären, müssen wir uns kurz mit den Referenzwerten der Nährstoffzufuhr beschäftigen.

Die sogenannten D-A-CH-Referenzwerte werden von den Fachgesellschaften Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE), Österreichische Gesellschaft für Ernährung (ÖGE) und Schweizerische Gesellschaft für Ernährung (SGE) herausgegeben.  

Da der Energie- und Nährstoffbedarf von Mensch zu Mensch und von Tag zu Tag verschieden ist, und von sehr vielen Faktoren abhängt, ist die Ermittlung des Nährstoffbedarfs ein sehr komplexes Thema. Dabei werden drei verschiedene Referenzwerte unterschieden:

Empfehlungen

Für die empfohlene Zufuhr eines Nährstoffes dient als Basis ein experimentell ermittelter, gesicherter, durchschnittlicher Bedarf plus Sicherheitspolster. Das ist die durchschnittlich tägliche Nährstoffzufuhr, die ausreicht, um den Bedarf nahezu aller gesunden Individuen einer definierten Personengruppe zu decken.

Schätzwerte

Die Basis für einen Schätzwert ist der durchschnittliche Bedarf, der aber nicht mit ausreichender Genauigkeit bekannt ist. So ein Schätzwert gibt also nur einen Hinweis auf eine angemessene und gesundheitlich unbedenkliche Zufuhr eines Nährstoffes.

Richtwerte

Das sind aus ernährungswissenschaftlicher Sicht wünschenswerte Bereiche oder Werte für die Nährstoffzufuhr. Es handelt sich bei Richtwerten also lediglich um eine Orientierungshilfe.

Die tatsächliche Nährstoffzufuhr

Wie bereits besprochen ist der tatsächliche Nährstoffbedarf von Mensch zu Mensch verschieden, die Referenzwerte geben eine gute Basis. 

Da die Zufuhrempfehlungen jedoch aufgrund des Sicherheitspolsters, um auch wirklich die Gesamtbevölkerung zu erreichen, wesentlich höher liegen, als der tatsächliche Bedarf der gesunden Einzelperson, kann davon ausgegangen werden, dass bei einer gesunden ausgewogenen Ernährung, nahezu alle gesunden Personen optimal versorgt sind.

Ob Du Dich jetzt ausgewogen und gesund ernährst, das können wir freilich in einer individuellen Ernährungsberatung feststellen. Und natürlich auch die Frage, ob Du Nahrungsergänzungen brauchst. Denn pauschal kann man diese Frage nicht beantworten. Wenn Du hier Unterstützung haben möchtest, dann vereinbare einfach ein unverbindliches und kostenloses Orientierungsgespräch mit mir. 

Veränderter Nährstoffbedarf in bestimmten Lebensphasen

In bestimmten Lebensphasen und bei manchen Personengruppen hat der Körper einen erhöhten Bedarf an bestimmten Nährstoffen und dieser kann möglicherweise nicht durch die Nahrung alleine abgesichert werden. Dann sind Nahrungsergänzungen sinnvoll. Aber auch das muss individuell abgeklärt werden.

Beispielsweise haben Schwangere und Stillende einen erhöhten Bedarf an Vitaminen und Mineralstoffen, obwohl der Energiebedarf nur geringfügig ansteigt. Das erfordert also eine Ernährung mit hoher Nährstoffdichte. D.h. da sind Lebensmittel gefragt, die eher wenig Energie (also Kalorien) haben, dafür aber eine möglichst hohe Menge an Nährstoffen enthalten.

Auch Kinder und Jugendliche haben einen erhöhten Nährstoffbedarf im Vergleich zu Erwachsenen. Der Bedarf kann aber problemlos mit einer optimierten Mischkost gedeckt werden. Problematisch wird es nur, wenn Kinder zu einseitig essen und vieles was angeboten wird, verweigern. Auch hier kann eine Beratung beim Ernährungsexperten unterstützen.

Personengruppen, wie Leistungssportler, ältere Menschen und Senioren, chronisch Kranke und auch Personen, die sich einseitig ernähren, können einen anderen Nährstoffbedarf haben, als der gesunde Durchschnittsbürger.

Trend-Diäten und die Nährstoffversorgung

Vorsicht ist geboten bei den diversen Ernährungstrends oder Ernährungsformen, die komplette Lebensmittelgruppen meiden. Low Carb, Paleo, Vegane Ernährung oder auch einseitige Diäten, um nur einige zu nennen, können schnell Ernährungsmängel hervorrufen. Durch einseitige Ernährung und vor allem durch Unwissenheit ist es leicht möglich, in eine Unterversorgung bestimmter Nährstoffe zu rutschen.

Wer sich gut informiert und durch gezielten Lebensmitteleinsatz auch gut versorgt, braucht meist auch nicht auf Nahrungsergänzungen zurückgreifen. Im Einzelfall kann jedoch eine Ergänzung sinnvoll sein.

Wo sind die Risiken von Nahrungsergänzungsmittel?

Eine Überdosierung von Nährstoffen mit unserem täglichen Essen, ist in der Regel kaum möglich. Unser Körper hat über die Bioverfügbarkeit eine gewisse Schutzfunktion. Die Bioverfügbarkeit ist eine Messgröße, die angibt, wie schnell und in welcher Menge ein Wirkstoff aufgenommen werden kann und dann auch im Körper zur Verfügung steht. Innerhalb einer Lebensmittelmatrix nehmen wir eben gewisse Nährstoffe nur in einem geringeren Nährstoff auf, so dass wir kaum in einen toxischen Bereich kommen. 

Bei isolierten und oft hoch konzentrierten Substanzen, wie das bei Nahrungsergänzungsmittel häufig der Fall ist, sieht die Sache etwas anders aus. Es fehlt das natürliche Lebensmittel drum herum, es fehlt die Matrix. Meist erhöht das die Bioverfügbarkeit um ein Vielfaches. 

Überdosierung einzelner Nährstoffe

Ein mittlerweile sehr bekanntes Beispiel dafür ist die Zufuhr von ß-Carotin. ß-Carotin ist die Vorstufe des fettlöslichen Vitamins A. Wenn wir ß-Carotin mit Karotten oder Kürbis aufnehmen, ist eine hohe Dosierung weitestgehend unbedenklich. Du kannst auch zwei Kilo Karotten auf einmal essen, ohne in eine Überdosierung zu schlittern. Lediglich die Haut bekommt einen leichten Gelbton. Nimmst Du hingegen ß-Carotin isoliert, dann kann das schnell gefährlich werden.

In zwei Interventionsstudien mit Rauchern wurde festgestellt, dass sich die Zufuhr von höheren Mengen isoliertem ß-Carotin negativ auf die Häufigkeit von Lungenkrebs und auf die Gesamtmortalität auswirkt. Hier sind natürlich auch noch weitere Studien zur Absicherung höherer Dosierungen in Kombinations- und Einzelpräparaten über einen längeren Zeitraum notwendig. Ich finde jedoch, das ist ein sehr plakatives Beispiel, wie aus einem Schutzeffekt gegen Lungenkrebs ein Boomerang geworden ist.

Ein ganzer Cocktail aus Nahrungsergänzungen

Wenn Nahrungsergänzungen in Kombination eingenommen werden, ohne vorheriger Abklärung und Absprache mit einem Experten oder Arzt, können einzelne Substanzen schnell überdosiert sein. 

Das ist dann nicht tragisch, wenn diese Substanzen selbst in der Überdosis nicht toxisch sind. Allerdings haben viele Mikronährstoffe, also Vitamine und Mineralstoffe, eine toxikologische Wirkung, wenn sie überdosiert werden. Eines der Beispiele, welches Du sicherlich ebenfalls kennst, ist Magnesium. Nimmst Du zu viel davon, dann ergibt das meist Durchfälle. In diesem Fall ist das eine der Schutzfunktionen des Körpers, um eine Überdosierung mit Magnesium zu vermeiden. 

Auch Wechselwirkungen sind möglich, wenn Du bestimmte Nahrungsergänzungen kombinierst. Diese können positive, aber auch negative Auswirkungen haben. Dazu gehört eben abgeklärt, welche Substanzen kombiniert werden können. 

Was passiert mit Nahrungsergänzungsmittel im Körper?

Im besten Fall wird eine überhöhte Zufuhr ohne Nebenwirkungen einfach wieder ausgeschieden. 

Wir haben in unserem Körper bei einzelnen Nährstoffen nur begrenzte Speicherkapazitäten. Was der Körper nicht braucht, wird wieder abgebaut.

Du kennst das bestimmt von unseren Muskeln. Brauchen wir sie nicht, baut sie der Körper ab. Wenn Du schon mal einen Arm oder ein Bein für ein paar Wochen in Gips hattest, dann hast Du das bereits selbst erlebt. Der Körper baut die Muskeln sofort ab, wenn sie nicht verwendet werden. Es wäre schlichtweg Energieverschwendung etwas zu versorgen, was nicht gebraucht wird.

Nahrungsergänzungen werden auch verdaut und verstoffwechselt 

Jetzt ist es aber nicht so, dass unser Körper diese Zusatzstoffe, die wir uns in Form von Nahrungsergänzungen zuführen, einfach unangetastet durchschleust.

Nein, unser Körper und unser hochkomplexes Verdauungssystem schaut sich das etwas genauer an und je nach Substanzklasse landen diese Stoffe letztendlich in der Leber oder der Niere und werden, ganz oder auch nur teilweise, abgebaut und ausgeschieden. 

Im besten Fall produzieren wir also manchmal doch auch einfach nur sündteuren Stuhl oder sündteuren Harn. Daneben verbrauchen wir für diesen Stoffwechselprozess natürlich Energie.

Daher stellt sich mir die Frage: Ist das denn alles notwendig? Ist das diesen ganzen Aufwand, den der Körper betreiben muss, um das Zeug, was wir eigentlich nicht brauchen wieder loszuwerden?

Fazit

Nahrungsergänzungsmittel können notwendig sein, vor allem dann, wenn bereits ein Mangel vorliegt. Und sie können uns unterstützen, wenn wir durch bestimmte Lebenssituationen oder in bestimmten Lebensphasen einfach einen erhöhten Bedarf haben, den wir durch unser tägliches Essen nicht mehr decken können. Daneben können Nahrungsergänzungen notwendig werden, weil wir in bestimmten Regionen leben. Österreich, Deutschland und die Schweiz sind beispielsweise Jod-Mangel-Länder, weshalb unser Salz in allen drei Ländern mit Jod angereichert ist, um eine ausreichende Versorgung zu gewährleisten. 

Auch das Sonnen-Vitamin D ist ein Vitamin, bei dem wir kaum ohne Ergänzungen auskommen, denn das ist schwer über die tägliche Ernährung und die Eigenproduktion reicht in unseren Breiten in den Wintermonaten kaum aus. 

Nahrungsergänzungen gezielt einsetzen

Allerdings besteht keine Notwendigkeit, täglich automatisiert ein Multi-Vitamin-Präparat zu konsumieren. Nahrungsergänzungen sollten gezielt und individuell eingesetzt werden, um Mängel auszugleichen, die über die tägliche Ernährung nicht ausgeglichen werden können. Wenn allerdings kein Mangel vorliegt, dann sollten wir unseren Körper auch nicht unnötig belasten.

Eines muss man aber all den Menschen lassen, die mich immer wieder betreffend Nahrungsergänzungsmitteln "bekehren" wollen: sie haben alle ein enormes Selbstvertrauen, denn viele beginnen Diskussionen mit mir die Ernährung und den Stoffwechsel betreffend, als hätten sie selbst nicht nur Ernährungswissenschaften sondern auch noch gleich Medizin und Molekularbiologie studiert 😉

Mehr Artikel zum Thema Ernährung und Verdauung findest Du auf der gleichnamigen Übersichtsseite.  

Schreib mir doch!


Nimmst Du selbst Nahrungsergänzungsmittel? Wie siehst Du das? Denkst Du, Du kommst ohne aus? Schreib mir in einem E-Mail oder Kommentar Deine Erfahrungen Vitaminen & Co aus der Dose!

Zusammenfassung für Schnell-Leser 😉 
Lesezeit 1 Minute

Nahrungsergänzungsmittel gibt es mittlerweile wie Sand am Meer und Unternehmen, die diese in unterschiedlichen Vertriebskanälen anbieten, ebenso. Ich bin weder Gegner noch Befürworter dieser Pulverchen, haben sie doch fallweise ihre Daseinsberechtigung. Wenn Mängel mit der alltäglichen Ernährung nicht mehr ausgeglichen werden können, dann helfen sie, eine adäquate Nährstoffzufuhr zu gewährleisten. 

Wenn allerdings umfangreiche Vitamin-Cocktails mit fadenscheinigen Argumenten, unser Essen würde keine Nährstoffe mehr enthalten, an den Mann oder die Frau gebracht wird, für ein gutes Zusatzeinkommen des Verkäufers, dann schrillen bei mir sämtliche Alarmglocken. Und wenn dann auch noch dubiose Studien als Garant dafür herhalten müssen, sowieso. 

Nutzen und Risiken von Nahrungsergänzungsmittel

Gezielt und individuell eingesetzt können Nahrungsergänzungsmittel gerade in bestimmten Lebensphasen, wie z.B. in der Schwangerschaft, in der Stillzeit, im Alter, bei Leistungssportlern oder bei chronischen Erkrankungen helfen, den Nährstoffbedarf aufrecht zu erhalten.

Bei gesunden Erwachsenen, die keine Mängel aufweisen, sind sie jedoch eher Ballast für den Körper und können auch noch Schäden verursachen. Viele Vitamine und Mineralstoffe können überdosiert toxisch im Körper wirken. Daher solltest Du immer zuerst den Status bestimmen lassen, bevor Du etwas substituierst.

Übrigens, mit Hilfe von genetischen Analysen funktioniert das noch nicht, auch wenn einschlägige Firmen das Glauben lassen wollen. Mehr dazu und den Stand der Wissenschaft findest Du wie immer im obigen kompletten Artikel. 

Susanne Lindenthal

ÜBER DIE AUTORIN

Mein Name ist Susanne Lindenthal und ich bin Deine Expertin in Sachen Verdauung. In meiner Brust schlagen zwei Herzen. Zum einen bin ich mit Leib und Seele Ernährungswissenschafterin, zum anderen bin ich der Traditionellen Chinesischen Medizin verfallen. In meinen Beratungen verbinde ich diese scheinbar konträren Welten und verhelfe Dir damit zu einem besseren Bauchgefühl.

  • Sehr ausführlich geschrieben und Nahrungsergänzungsmittel sind ein Milliardenmarkt wie du schon geschrieben hattest bedarf es einer ausführlichen Beratung wenn man die Ergänzungen empfiehlt! Die meisten direkt Vertriebe bieten deswegen ja fachsendungen an um zu beraten das ist echt hilfreich ! Toller Beitrag von dir viele Grüße christian

    • Freut mich, Christian, dass Dir der Artikel gefällt. Wichtig ist mir auch, dass Nahrungsergänzungen einer individuellen Beratung bedürfen und diese wirklich nur sinnvoll von einer Ernährungsfachkraft durchgeführt werden kann. Es braucht einfach enorm viel Hintergrundwissen, denn sonst kann das Risiko und der Schaden größer sein, als der Nutzen.
      LG Susanne

  • {"email":"Email address invalid","url":"Website address invalid","required":"Required field missing"}
    >